Alma, verwitwete Mahler, geschiedene Gropius, Geliebte Kokoschka’s ist Muse und femme fatale der Wiener Gesellschaft. 1929 heiratet sie den in Prag geborenen und aus einer deutsch-jüdischen Familie stammenden Schriftsteller, Dichter und Dramatiker Franz Werfel. Die Machtergreifung der Nazis zwingt das Paar ins Exil nach Paris und anschließend nach Sanary. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs sind die deutschsprachigen Exilanten in Sanary unerwünscht. Dank des Amerikaners Varian Fry, Mitarbeiter des Emergency Rescue Committee von New York, flieht das Paar, zusammen mit Heinrich Mann und Ehefrau Nelly sowie Golo, Thomas Manns Sohn, über die Pyrenäen und Lissabon in die USA. Ihre abenteuerliche Flucht beschreibt Franz Werfel in seinem Theaterstück «Jakobowski und der Oberst».

Als Alma, verwitwete Mahler, verheiratete Gropius, im November 1917 in Wien den elf Jahre jüngeren Dichter Franz Werfel kennenlernt, sagt ihr anfangs sein Äußeres gar nicht zu: “ Werfel ist ein O-beiniger, fetter Jude mit wulstigen Lippen und schwimmenden Schlitzaugen“. Trotzdem empfindet sie eine tiefe seelische Verwandtschaft mit ihm, vor allem durch die Musik. Franz hat eine wunderschöne Stimme, einen weichen Tenor und Alma begleitet ihn auf dem Klavier. Er betet sie an, sie schaut auf ihn herab und dennoch verbindet sie eine wilde Leidenschaft. 1920 lässt sich Alma von Walter Gropius scheiden, danach lebt sie etwa zehn Jahre mit Werfel in wilder Ehe. Schließlich gibt sie 1929 seinem Drängen nach und willigt in die Eheschließung ein. Es kommen jedoch sehr schnell Probleme auf und Alma schreibt in ihr Tagebuch: Meine Ehe besteht nur noch auf dem Papier, ich bin an der Seite von Werfel unglücklich. Werfel ist betroffen, er kann die antisemitische Einstellung seiner Frau und ihre Bewunderung für Hitler nicht verstehen. Die Entwicklung der politischen Situation zwingt sie jedoch nach dem Anschluss von Österreich im Jahr 1938 zum Zusammenhalt. Alma kann gerade noch ihre Bankkonten räumen, bevor sie Wien verlassen. Zuerst gehen sie nach Italien, dann London, Paris und schließlich Sanary.

Mit Hilfe ihrer Freundin Anne Marie Meier-Graefe findet Alma den alten Turm le Moulin Gris, hoch über der malerischen Bucht des Ortes, zu mieten. Das Paar bleibt knapp zwei Jahre in dieser Unterkunft. Franz richtet sich sein Büro in einem runden Raum mit zwölf Fenstern auf der zweiten Etage des Turms ein und sein Schlafzimmer, in einem schönen Raum, der darunter liegenden Etage. Alma bleibt der kleine Wohnraum und die daran anschließende Küche im Erdgeschoss. Sie leidet unter der Hitze, den Mücken, und beschwert sich in ihrem Tagebuch, sie lebe in einem jüdisch-kommunistischen Klüngel, zu dem sie nicht gehört. Sie tauscht sich ein bisschen mit Marta Feuchtwanger und Hilde Stieler aus, was aber in keinem Verhältnis zu ihrem vorherigen gesellschaftlichen Leben steht.

Den Winter 1938/39 verbringen die Werfels in Paris, Sanary ist zu einsam für sie. Zur wärmeren Jahreszeit kehren sie zurück an die Küste, in eine trügerische Ruhe. Bei Kriegsausbruch schlägt die öffentliche Meinung in der Bevölkerung um, die Deutschsprachigen sind nicht mehr gern gesehen. Franz leidet unter dem Misstrauen und der Geringschätzung, mit welcher er behandelt wird. Willkürliche Hausdurchsuchungen prägen fortan den Alltag. Franz wird sogar auf offener Straße von einem Polizisten angehalten und kontrolliert.

Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Belgien, die Niederlande und Luxemburg ist es für die Werfels nur noch eine Frage der Zeit, bis Hitler in Frankreich einfällt. Am 2. Juni 1940 packen sie ihre Sachen, verlassen das Moulin Gris in Sanary und begeben sich auf ihre gefahrvolle Fluchtroute in die USA.

Im August 1940 haben es Alma und Franz Werfel zwar über große Umwege bis nach Marseille geschafft, kommen aber mangels Ausreisepapiere nicht weiter. Sie treffen dort auf Heinrich und Nelly Mann sowie deren Neffen Golo, welche auch verzweifelt nach einem Entkommen aus Europa suchen. Schließlich verdankt die kleine Gruppe ihre Rettung der Ankunft von Varian Fry, Mitarbeiter des in den USA gegründeten Emergency Rescue Commitees, der ihren Fluchtweg über Spanien und Portugal organisiert. Am 4. Oktober schiffen sich die Leidensgenossen an Bord eines griechischen Schiffes in Richtung USA ein und am 13. Oktober gehen sie dort an Land. Wie viele andere Emigranten lassen sich die Werfels in Kalifornien nieder, wo Alma das ihren Ansprüchen entsprechende soziale Umfeld vorfindet. Am 26. August 1945 stirbt Franz Werfel in seinem Haus in Beverly Hills an einem Herzinfarkt. Zuerst in Kalifornien begraben, werden seine sterblichen Überreste 1975 in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof überführt. Alma, jetzt la grande Veuve hält weiterhin Hof, jedoch wird es mit der Zeit still um sie. Sie stirbt am 11. Dezember 1964 im Alter von 85 Jahren in ihrer New Yorker Wohnung und wird im Februar 1965 auf dem Grinzinger Friedhof bei Wien an der Seite ihrer Tochter Manon beigesetzt.


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.