Mit dem Nobelpreisträger Thomas Mann und seiner deutsch-jüdischen Frau Katia lässt sich im Sommer 1933 die Haute Culture in Sanary nieder. Während ihres Aufenthalts führen sie Leseabende ein, auf denen die intellektuelle Elite der Emigration ihre neuesten Werke vorstellt. Man trifft man sich bei Manns, Feuchtwangers oder Schickeles, da diese die notwendigen Räumlichkeiten und finanzielle Mittel zur Ausrichtung solcher Vorlesungen haben. Im Herbst 1933 emigriert die Familie in die Schweiz und bleibt dort bis zu Ihrer Abreise 1938 in die USA. Die Villa Tranquille wird 1944 von den Nazis abgerissen, um Platz für Flugabwehrgeschütze zu schaffen. Sie wird jedoch nach dem Krieg originalgetreu wieder aufgebaut.

Die Anwesenheit von Thomas Mann, dem Dichterfürsten, gibt Sanary seinen Adelstitel in der Literaturwelt, obwohl die Familie nur einen Sommer in der Villa La Tranquille verbracht hat.

Thomas Mann wächst in einer alten wohlhabenden Lübecker Kaufmannsfamilie auf. Er ist kein guter Schüler und schafft soeben die Mittlere Reife, fühlt sich aber, bereits in jungen Jahren, zum Schreiben berufen. Ab 1892 schreibt er kurze Prosatexte und beteiligt sich an der Schülerzeitschrift „Frühlingssturm“. Sein erster Roman „die Buddenbrooks“ erscheint 1901 und bringt ihm den Nobelpreis für Literatur im Jahr 1929. Weltweit berühmt wird er jedoch mit seinem Roman „Der Zauberberg“. 1891 stirbt sein Vater und die Familie zieht nach München, wo Thomas Katharina Pringsheim genannt Katia, kennenlernt. Katia ist das einzige Mädchen unter fünf Geschwistern von einer der reichsten bayerischen jüdischen Familien. Im Februar 1905 heiraten Thomas, mittlerweile ein bekannter Schriftsteller, und Katia und beziehen eine schöne von Familie Pringsheim eingerichtete Wohnung. Sie bekommen sechs Kinder, von welchen die beiden ältesten, Erika (1905) und Klaus (1906) als „enfants terribles“ bekannt werden, da sie exzentrisch, aber auch mutig und Anti-Nazi Militanten der ersten Stunde sind.

Im Februar 1933 ist Thomas auf einer Vortragsreise im Ausland, als die Nazis in Deutschland eine Hetzkampagne gegen ihn starten. Er kann nicht mehr zurück nach Hause. Also emigriert er erst in die Schweiz und dann in den sonnigen Süden Frankreichs, wo er sich auf Anraten seines Freundes René Schickele in Sanary niederlässt. Seine Kinder Klaus und Erika finden mit deren Freundin Sybille von Schoenebeck (verehelicht Bedford) ein passendes Haus zu mieten, die Villa La Tranquille. Die finanzielle Lage von Thomas und Katia Mann ist abgesichert, auch wenn ihr Hab und Gut in Deutschland von den Nazis beschlagnahmt worden ist. Sie haben noch rechtzeitig einen Teil ihres Vermögens in die Schweiz bringen können und erhalten regelmäßige Tantiemenzahlungen ihrer ausländischen Verleger auf ihre Londoner Bankkonten. „Wir sind nicht reich, aber wohlhabend“ versichert Thomas seiner Familie. Die Familie kann somit ihren gewohnten Lebensstandard beibehalten und er kann sich voll und ganz auf das Schreiben konzentrieren. In Sanary beendet Thomas seine Josefa-Trilogie. Es gibt wieder einen geregelten Alltag und Katia kann eine einheimische Haushaltshilfe einstellen. Thomas widmet sich dem Schreiben und organisiert Lesezirkel mit Lion Feuchtwanger und René Schickele. In der Ruhe von Sanary und unter der provenzalischen Sonne findet Thomas Mann seinen inneren Frieden und schickt sich dank des Klimas in sein Emigrantendasein. Später, als er bereits von Sanary fortgezogen ist, schaut er dankbar auf diese glückliche Station in seinem Exil zurück und empfindet fast mehr Heimweh nach Sanary als nach seinem alten Münchener Leben.

Sanary ist aber auch der Beginn einer Familienkrise bei den Manns, deren Anlass die neue politische Lage in Deutschland ist. Klaus eher radikal, gibt mit Unterstützung von André Gide, Aldous Huxley und Heinrich Mann die Exil-Zeitschrift Die Sammlung heraus. Thomas Mann findet die politischen Artikel zu polemisch und aus Angst seine Leserschaft zu verlieren, zieht er seine Zusage zur Mitarbeit zurück.

Am 22. September 1933 nehmen die Manns Abschied von Sanary und reisen zur nächsten Station ihres Exils in die Schweiz, wo Tochter Erika bereits ein ihren Ansprüchen entsprechendes Haus in Küsnacht gemietet hat. Beim letzten Mittagessen im Hotel de la Tour hält Thomas Rückblick auf die in Sanary verbrachte Zeit und stellt mit Dankbarkeit fest, Frieden und Gelassenheit in der Seele gefunden zu haben. Am 18. August 1936 nimmt Thomas Mann die tschechische Staatsbürgerschaft an. Zwei Wochen später wird er von den Nazis ausgebürgert. Nach Österreichs Anschluss an das Nazi-Deutschland im März 1938 fühlt sich Thomas Mann in der Schweiz nicht mehr in Sicherheit und entscheidet sich zur Emigration in die USA. Wie auch in Sanary gehören die Manns in den Vereinigten Staaten zu den Privilegierten unter den Exilanten. 1944 erhält er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Nach vierzehn Jahren in Amerika kehren die Manns 1952 zurück in die Schweiz, wo Thomas am 12. August 1955 in Zürich stirbt.


Die Mediathek Jacques Duhamel in Sanary-sur-Mer bietet eine Sammlung von Büchern zum Thema Erinnerung an das Exil in Sanary.